Die Schafhaltung im Emsland bis zur Einführung des Emslandplanes im Jahr 1951

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Neben dem emsländischen Moor gab es auch ausgedehnte Ödland- und Heideflächen.

Das Emsland war von alters her eine waldreiche Gegend. Mit zunehmender Besiedlung kam es zu Rodungen, um Freiflächen für Dorfanlagen und Acker- und Weideflächen zu erhalten.

Damit setzte ein Raubbau am Wald ein, der um 1400 einen ersten Höhepunkt erreichte. Im weiteren Verlauf verwandelten sich die Flächen des Emslandes, die nicht von Moor bedeckt waren, von einem reich bewaldeten Land in eine fast baumlose Gegend. Durch eine zunehmende Überweidung der bewaldeten Flächen durch den Eintrieb von Schweinen und Rindern, die sämtlichen Aufwuchs wegfraßen, war eine natürliche Verjüngung der Waldflächen nicht mehr möglich. Insbesondere die Schweine fanden reichlich Nahrung an Bucheckern und Eicheln, die dann ebenfalls für den Nachwuchs an Bäumen fehlten. Auch das Laub des Waldes wurde von den Bauern abgefahren und zur Einstreu in den Viehställen genutzt. So kam es im Laufe der Zeit zu einer starken Auflichtung der heimischen Waldungen.

Archiv Böckenhoff-Grewing, dieses Foto entstand in den 20er des letzten Jahrhunderts. Hier zeigen sich die Reste des Waldes.

Nun entstanden zunehmend ausgedehnte Heideflächen, die sich allerdings ausschließlich für die Schafhaltung eigneten. Die Schweine- und Rinderhaltung musste weitgehend aufgegeben werden.

Aber auch bei der Schafhaltung trat im Laufe der  Jahrzehnte eine ähnliche Entwicklung durch das zumeist  rücksichtslose Verhalten der Bewohner dieser Gegend gegenüber der Natur auf: Die stetig steigende Anzahl der Nutzschafe bewirkte erneut eine Überweidung. Zudem verletzten die scharfkantigen Klauen dieser Weidetiere die zart nachwachsenden Heidetriebe, sodass immer mehr freie Sandflächen entstanden, die sich im Laufe der Jahre zu einer Umweltkatastrophe entwickelten.

Teil 1 – Im Bereich des Hümmlings

Dieses Fachbuch zur Lage der Landwirtschaft im nördlichen Emsland von Dr. Josef Böckenhoff-Grewing erschien im Jahre 1929. Es gibt nicht nur umfangreiche agrarwissenschaftliche Einblicke in die noch sehr rückständige Landwirtschaft im nordöstlichen Emsland (Hümmling), es ist auch allgemein historisch von besonderem Interesse. Durch die Fülle an Fotos aus den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts ist es auch für Laien von besonderem Wert.

Dr. Josef Böckenhoff-Grewing wurde im Jahr 1900 in Westfalen geboren und kam als ausgebildeter Landwirtschaftslehrer in das emsländische Dorf Sögel. Er erlebte und beschrieb die Rückständigkeit dieser Region im Bereich der Mechanisierung und Kultivierung der Landwirtschaft insgesamt.

 

Diese Vergleichstabelle aus dem Jahre 1929 (aus Böckenhoff-Grewing) weist für den Hümmling weisen immer noch 50,2 Prozent Ödlandflächen aus.

 

 

 

Ein Schafaustriebsweg  „Drift“ auf dem Hümmling.

Alle Fotos stammen aus dem Archiv Böckenhoff-Grewing

Teil 2 – Im südlichen Emsland

In diesem Buch berichten zwei Zeitzeugen über den jeweiligen Onkel als Schafhirte:

Heinrich Leveling

Foto Archiv Robben

wurde 1938 in Emsbüren geboren. Er war besser bekannt als Pöttker Hinnerk, er verdiente seinen Lebensunterhalt als Viehkaufmann, und unter den Vertretern dieses Berufsstandes galt er als eines der letzten Originale.

Bernd Botterschulte,

Foto Archiv Robben

geboren 1933, stammt von einem Elberger Bauernhof. Weithin nannte man ihn Botterbernd. Er war bekannt durch sein besonderes Können auch als überregional angesehener Architekt, er hat insbesondere eine Reihe von emsländischen Kirchen gebaut (z. B. Heede) bzw. modernisiert (u.a. Baccum und Lünne).

Aber auch im Bereich der Nord- und Ostseeküste, in den neuen Bundesländern und sogar in Albanien hat er für den Orden der Thuiner Schwestern eine Reihe von Bauprojekten entworfen und betreut.

Beide Protagonisten des obigen Buches hatten einen Onkel als Schäfer im südlichen Emsland. Sie gehörten zu den letzten Vertretern dieses in den Jahrhunderten zuvor weit verbreiteten Berufstandes der gesamten Region.

Botterbernd über Botterschulten Schöper in der weiten Elberger Heide, die bis in die Grafschaft Bentheim reichte:

                       Archiv Mönnich in Elbergen

„Ich erinnere mich auch noch an einen Großonkel vom Botterschulten-Hof, der mit einer Schafherde in die Elberger/Engdener Wüste zog. Der Beruf des Schäfers war in früheren Zeiten im Emsland bedingt durch die weiten Heideflächen häufig anzutreffen. In der Regel übernahmen abgehende Bauern- oder Heuerlingssöhne diesen Beruf. Häufig blieben die Schäfer unverheiratet, zum einen vermutlich durch den recht geringen Lohn und zum anderen wegen der häufigen Abwesenheit vom heimischen Herd.

Mein Großonkel stammte vom väterlichen Hof Botterschulte. Auch er war Junggeselle, der durch seinen einsamen Beruf geprägt war. Er war ein ruhiger, in sich gekehrter Mann, dessen Welt offensichtlich draußen im großen Heidegebiet des Elberger Moores und der Engdener Wüste bei den ihm anvertrauten Schafen lag.“

 

Foto: Archiv Robben

 

 

Pöttker:

„Während die meisten Schäfer dieser Gegend abends ihre Herden wieder ins Heimatdorf auf den jeweiligen Bauernhof trieben und dann mor­gens vor dem Austrieb noch auf dem übrigen Bauernhof mithelfen mussten, blieb Großonkel Bernd fast alle Zeit in seinem Schafstall.

Ich hatte vor meinem Großonkel einen großen Res­pekt. Dieser groß gewachsene Junggeselle verstand es, in aller Ruhe seine große Herde allabendlich auf Krankheiten genau zu untersuchen, hatte er über Tag zumeist schon einige Verdachtsfälle beobachtet. Während gegen die weit verbreitete Moderhinke nur peinlich guter Klauenbeschnitt half, konnte man bei Leberegeln nichts ausrichten, nur vorbeugen, indem der Schäfer nasse Weidenflächen mied.

Ich erfuhr bei meinen Ausflügen zu Großonkel Bernd viel über die Schafzucht und das einsame Leben des Schäfers. Ich merkte bald, dass Bernd ein sehr be­gabter Mann war und mir viel über die Natur dort draußen erzählen konnte. Ich erlernte Tricks, wie man Kräfte schonend ein Schaf bei der Behandlung packen musste. Besonders stolz war ich auf meinen Onkel, wenn dieser bei besonderen Anlässen seinen guten Schäferumhang trug, der einen weißen Strei­fen an der rechten Brustseite hatte. So habe ich auch schon mal in junger Schwärmerei daran gedacht, meinem Großonkel in seiner beruflichen Tätigkeit zu folgen. Als aber ab 1953 die Tiefenkultivierung der Heidenflächen anfing, ging die Heidefläche so rapide zurück, so dass sich die Schafhaltung nicht mehr lohnte. Die Heide gab den Menschen bei al­ler sonstigen Kargheit noch ein süßes Produkt: den Heideblütenhonig. Die Aufgabe des Imkers übernah­men zumeist die Öhms eines Hofes, das waren die unverheirateten Onkel des Bauern. Da die Bienen auf Plattdeutsch Immen heißen, sprach man von einem Immenschuur und meinte damit einen Bienenunter­stand in der Heide. Der Bienenkorb wurde damals aus gebundenem Stroh selbst angefertigt. Wer Ho­nig hatte, brauchte keinen Zucker. Mein Onkel Bernd war auch in der Imkerei ein Könner.“

Alte Schulbildkarten können heute noch bezeugen, wie die Gegend damals aussah: Neben den Ackerflächen lagen noch unkultivierte Wehsandflächen mit Heideflächen und Schafen.

Foto: Archiv Robben, aufgenommen im Museum Kiekeberg, HH Harburg

 

Dieser Film über die Schafhaltung ist zwar in der Lüneburger Heide entstanden und jüngeren Datums, dennoch gibt der Ablauf Einblicke in die damalige Tierhaltung im Emsland.