Die Menschen in unseren Zonen waren jederzeit gezwungen, sich ausreichend zu bekleiden.
Die beiden verbreitetsten Stoffe wuchsen immer nach: die Wolle am Körper der Schafe und das Leinen als Flachs auf den Äckern. Jedes Jahr waren beide zu ernten.
Für beide Stoffarten wurde in den letzten beiden Fertigungsschritten das Spinnrad und der Webstuhl eingesetzt.
Die Vorstufen in der Entstehung der Bekleidungsstoffe unterschied sich allerdings sehr:
- Zur Herstellung der Schafwolle war nur die Schur der Tiere und die Reinigung der Wolle nötig.
- Die Herstellung des Leinens war erheblich umständlicher.
Archiv Bauerhofmuseum Bielefeld
Etwa ab dem 100. Tag im Jahr wurde der Flachs auf dem Feld ausgesät, also etwa um den 10. April herum.

Besonders geeignet waren dafür leichte Böden, die bei sonstigen Ackerfrüchten nicht so große Erträge brachten. Das waren im Verbreitungsgebiet des Heuerlingswesens besonders die Region um Berge bei Bersenbrück, das Ravensberger Land Teile des Emslandes und des Münsterlandes.
Die Ernte stand bei normalem Witterungsverlauf in den späten Sommermonaten an. Die Pflanzen wurden mit den Wurzeln von Hand ausgerissen.
Archiv Heimatverein Mettingen Töddenmuseum
In manchen Gegenden wurde der Flachs nun auf dem Feld ausgebreitet zur Dörre. Dazu muss man wissen, dass vor der Gewinnung von Leinen der Flachs einen chemischen und anschließend einen mechanischen Prozess durchlaufen musste.
Beim Trocknen auf dem Feld platzten die reifen Stängel auf. So konnten dann Mikroorganismen in die Pflanze eindringen und den chemischen Prozess in Gang setzen, der die spätere mechanische Weiterverarbeitung erst ermöglichte. Eine verbreitete Bearbeitungsform des Flachses war die Aufbereitung in Dörrteichen. Dort wurden die Pflanzen für eine bestimmte Zeit ins Wasser geht.
Archiv Bauernhausmuseum Bielefeld
Der erste mechanische Arbeitsgang zur Gewinnung der Leinenfaser war die Behandlung in der Flachsbreche.
Effektiver gelang das mit der Walze, die aus drei kleinen und einem größeren hölzernen Walzenrad bestand.
Archiv Heimeiverein Mettingen Töddenmuseum
Hier ist diese Maschine einmal als Zeichnung und auch in Natura im Töddenmuseum in Mettingen zu sehen.
Archiv Heimeiverein Mettingen Töddenmuseum
So wurden in die hölzernen Anteile der Pflanzen von den späteren textilen Fasern aufgebrochen.
Da sie dann aber insgesamt immer noch zu dick waren, zog man sie durch den Hechel, das ist ein Kamm mit etwa 300 Spitzennadeln. Dort wurden nun die handlichen Flachsbündel durchgezogen.
Archiv Heimeiverein Mettingen Töddenmuseum
So erhielt man den Flachs in einer reinen Form, so dass er mit Hilfe der Spinnrades zu einem endlosen Faden gesponnen werden konnte. Anschließend wurde dieser Faden auf einer Haspel aufgedreht. Dieses Gerät war genormt, damit man das Garn nach vergleichbaren Größen verkaufen konnte. So waren 50 Umdrehungen ein Bint, 50 Bint ein Stück.
Archiv Bauerhofmuseum Bielefeld
Der Flachs brachte den Menschen damals in zweifacher Hinsicht Nutzen: Die eigentliche Frucht war dabei eher zweitrangig. Das war der Leinsamen. Dieser wurde mit einem Brett bündelweise abgeschlagen und dann in der Ölmühle weiterverarbeitet. Das anfallende Leinöl konnte sowohl als menschliche Nahrung dienen, aber es wurde auch von verschiedenen Handwerkern gebraucht. Nach dem Auspressen blieb der sog. Leinkuchen übrig, der als Kraftfutter für die Kühe geschätzt war.
Bei schlechterem Wetter wurde die Arbeit auf der Diele verrichtet, bei guter Witterung arbeitete man draußen…
Hier kann nun mit der eigentlichen Herstellung de Leinens begonnen werden: Am Spinnrad wird der Faden hergestellt, der dann am Webstuhl zum kompletten Tuch sich entwickelt.
Allerdings war das eine äußerst Zeit aufwändige Arbeit…
Häufig trafen sich mehrere Spinnerinnen, sie erzählten sich dabei etwas. Dabei gaben die Alltagsgeschichten nicht immer genug Stoff her, sie dachten sich Geschichten aus, sie fingen an zu spinnen….
Daher kommt auch heute die Entgegnung bei eher als unwahr empfundenen Geschichten: Du spinnst doch!
Nun konnte das Tuch ja in sehr unterschiedlichen Güteklassen hergestellt werden. Um jedoch eine möglichst gute Qualität auf den Markt bringen zu können, mussten die Tuche, die in den Handel gelangten, sich auf der Legge einer Qualitätsprüfung unterziehen. Dort wurde es dann mit einem entsprechenden Siegel versehen und konnte so auch im Ausland mit Erfolg vertrieben werden.

Archiv Bauerhofmuseum Bielefeld
Hier wird der Flachs maschinell gebrochen. Der Antrieb geschah durch einen Pferdegöpel draußen.
Weitere Informationen zum Flachsanbau in Westfalen
https://www.lwl.org/westfaelische-geschichte/txt/wz-6197.pdf