Wie alles begann

Boomjahre der Exploration – Auf- und Ausbau der Infrastruktur

Die Erdöl- und Erdgas-Felder der Region Emsland / Grafschaft Bentheim bilden flächenmäßig

eine der größten Erdölregionen Deutschlands.

Ihre Entwicklung begann 1942. In diesem Jahr traf die Bohrung „Lingen 2″ in Dalum als erste Bohrung in der Region Erdöl in wirtschaftlich förderbaren Mengen an. In den folgenden Jahren wurden in den sich an den Bentheimer Berg nach Norden anschließenden, überwiegend in Ost-West-Richtung verlaufenden Sattelstrukturen (Antiklinalen = nach oben gewölbten Erdschichten) insgesamt elf Erdölfelder auf deutscher Seite entdeckt und in Produktion gesetzt. Einige davon zählen aufgrund ihres ursprünglichen Ölinhaltes und ihrer Förderleistung zu den größten Ölfeldern Deutschlands.

Im Emsland wurden 1949 schon 325 000 Tonnen Öl gefördert. Es wurde mit hohem Aufwand in das Ruhrgebiet, das Rheinland und nach Hannover-Misburg transportiert, wo die Raffinerien dort für die großen Mengen des relative schweren Emslandöls jedoch nicht ausgelegt waren. Deshalb gründeten die Wintershall AG (damals Celle), die Gewerkschaft Elwerath und die Preussag (Hannover) 1949 die Gewerkschaft Erdöl-Raffinerie Emsland (ERE).

In ihrem Auftrag wurde bis 1953 am Dortmund-Ems-Kanal in Holthausen nördlich von Lingen eine moderne Raffinerie für die Verarbeitung von 550 000 Tonnen Rohöl pro Jahr gebaut.

Nach der Fertigstellung der Raffinerie wurden die Ölfelder Rühle über Adorf, Scheerhorn (5“) und Georgsdorf (6“) mit insgesamt 64 Kilometer Pipelinelänge angeschlossen (Abb. 1). Später wurde noch eine direkte Leitung vom großen Feld Rühle zur Raffinerie verlegt.

Ende 2018 sind die etwa 50 Jahre alten Stahlrohre durch eine Edelstahlleitung ersetzt worden. Diese hat zudem eine Isolierung erhalten, um das zähe Emslandöl beim Leitungstransport warm und flüssig zu halten. Zur besseren Überwachung erfolgte hier eine oberirdische Verlegung der Pipeline. Heute wird die Raffinerie zusätzlich durch die Nord-West-Ölleitung (NWO) mit Rohöl versorgt.

Nach der alleinigen Übernahme durch die Wintershall in 1970 und dann zur Veba Öl AG in 2000, übernahm der BP-Konzern das Werk in 2002. Mit 4,5 Millionen Tonnen Rohöldurchsatz ist die ERE heute einer der komplexesten Raffinerien Europas und verarbeitet ca. 35% der deutschen Erdölproduktion

Um den Standort weiter zu sichern, unterzeichnete die BP 2007 einen Vertrag mit der Nederlandse Aardolie Maatschappij B.V. (NAM), deren Erdölfeld im 40 Kilometer entfernten Schoonebeek in den Niederlanden wieder erschlossen ist.

Erwähnenswert ist natürlich auch die emsländische Raffinerie in Salzbergen. Ihre Wurzeln gehen noch weiter zurück:

An der Südflanke des Bentheimer Sattels, in der Gemarkung Sieringhoek, wurden um 1730 im Gildehauser Sandstein (Unterkreide) mehrere Spalten entdeckt, die mit einem schwarzen, glänzenden, spröden, glasartig brechenden Material gefüllt waren. Es wird von einer Breite der Gänge und Spalten bis etwa 50 cm berichtet.

Archiv Erdöl und Erdgas Museum Twist

Das Mineral wurde zunächst für Pechkohle gehalten und seit 1736 urkundlich erwähnt sowie bergmännisch gewonnen. 1862 erkannte der Geologe H. Credner, dass es sich nicht um Kohle, sondern um Asphaltit handelte, also um vollständig entgastes Erdöl, das aus der Tiefe zur Erdoberfläche aufgestiegen war.

Zum Verschwelen des Asphaltits wurde in Salzbergen 1860 die ,,Paraffin- und Photogenfabrik“ für die Erzeugung von Leuchtöl für Lampen gegründet. Durch Zeiten von Weltwirtschaftskriese mit 2. Weltkriegen gab es einen häufigen Wechsel der Eigentümer. Nach der Übernahme 1931 durch die Wintershall und wiederum deren Ablösung durch die „Schmierstoffraffinerie Salzbergen“ (SRS) in 1994 stellt heute – nach erneuter Übernahme durch die WASAG in 2020 – die H&R ChemPharm im Konzern der H&R-WASAG AG die älteste noch produzierende Raffinerie der Welt Produkte für chemische und pharmazeutische Industrie her.

Jährlich werden ca. 400 Tonnen Rohstoffe, überwiegend Rückstände der großen Raffinerien, raffiniert. Neben der Raffinerie wurde 2004 als Joint Venture mit der RWE (die SRS EcoTherm GmbH)  eine Müllverbrennungsanlage fertiggestellt. Diese ermöglicht es, den Dampf zum Betrieb der Raffinerie durch die Verbrennung von Hausmüll, statt durch Heizölkraftwerke zu gewinnen.  

Archiv Holger Hüneke

Der Abbau von Asphaltit in Sieringhoek wurde bis 1884 untertage abgebaut und an Paraffinfabriken verkauft. Aus einer Tonne Asphaltit sollen 100 bis 200 Gallonen (ca. 380 bis 760 Liter) Leuchtöl gewonnen worden sein. 1884 kam es zu einem starken Wassereinbruch auf der 120 Meter tief liegenden Sohle im Bergwerk „Hoffnungszeche“. Er hatte zur Folge, dass 1886 der Abbau eingestellt wurde.

Von 1929 bis 1930 wurde erneut versucht, den 127,5 Meter tiefen Karl-Rudolf-Schacht in Betrieb zu nehmen und Asphaltitmaterial zu gewinnen. Die ständigen Wasserzuflüsse erzwangen aber einen Abbruch der Bergbauarbeiten – heute erinnert ein Gedenkstein daran.